Was haltet ihr von der Idee des Industriestrompreises? Demnach würden die Unternehmen aus dem sogenannten Transformationssektor subventioniert. Auf der einen Seite werden damit zumindest keine falschen Anreize gesetzt (Stahl, Zement, ...), auf der anderen Seite frage ich mich, ob die Maßnahme überhaupt wirksam wäre hinsichtlich der wirtschaftlichen Großwetterlage in Deutschland. Haben die betroffenen Unternehmen überhaupt einen nennenswerten Anteil an der Wirtschaftsleistung? Was ist mit der Beschaffung von Rohstoffen und Halbzeugen aus dem Ausland, die nicht subventioniert sind, aber trotzdem die Herstellkosten der deutschen Hersteller in die Höhe treiben? Wenn ich richtig informiert bin, waren viele Stahlerzeugnisse in den letzten Jahren überall schwer und teuer zu bekommen, Lieferkette Probleme, etc.
Mich würden eure Einsichten interessieren!
Verstehe ich das richtig, die SPD will nicht nur einen Cent günstigeren Strom pro kWh anbieten (5 Cent anstatt 6 wie Habeck)? Dafür aber dann auch nur den Bereich der Transformationsfirmen (Batterien, Wind oder Wärmepumpen)? Dafür bekommt man laut Artikel aber wiederum Unterstützung von Seiten der Chemieindustrie? Irgendwas passt da was nicht.
Und zu deiner allgemeinen Frage (schön, bzw. das du zur Diskussion hier einlädst!) bin ich glaube ich gefühlt einer der wenigen, die hier für einen Industriestrompreis ist. Der SPD-Vorschlag würde mir hier nicht mal weit genug gehen, da wir keine nennenswerten Produktionskapazitäten (mehr) im Bereich Windenergie haben und auch die Akkuproduktion im großen Stil erst neu angesiedelt werden muss. Das Ziel des Industriestrompreises (oder Brückenstrompreis) ist es ja, die Firmen im Land zu halten, bis in ein paar Jahren die Strompreise wieder günstiger werden. Das Geld gibt es auch nicht umsonst, sondern neben einer Standortgarantie und Tariftreue für Mitarbeitende gibt es maximal 80 % günstiger, der Rest soll eben Anreize geben um selbst Strom herzustellen als Werk (Solar oder eigene Windenergieanlagen). Zudem möchte ich nochmal an einen Feddituser erinnern, der hier bei BASF arbeitet und gepostet hat, dass in seinem Unternehmen gerade echt dicke Luft herrscht. Und wem kann man es verübeln. Schaut man sich diese Übersicht an, dann arbeiten etwas mehr als 470.000 Leute allein in der Chemieindustrie. Rechnen wir damit, dass bei konstant hohen Preisen etwa die Hälfte wegfällt, weil Industrie ins Ausland oder sogar pleite geht, reden wir von etwa 250.000 Arbeitsplätze die einfach so wegfallen. Vielleicht sogar alle 47.000 bei BASF in Ludwigsburg. Wer soll das denn in der Region auffangen? Gewerbesteuer, an dem die Gemeinde direkt beteiligt wären, sind auch dahin. Und das sind DIREKTE Erzeuger, keine Zulieferer und andere Branchen, die ebenfalls von diesen Schließungen betroffen sein werden. Ich will jetzt keine direkten vergleiche zur Wende im Osten ziehen, aber auch da sind Produktionsstätten, die ganze Städte und Regionen geprägt haben, einfach so weggefallen. Das Ergebnis sieht man heute.
Von daher darf es meiner Meinung nach nicht nur Aufgabe der Politik sein, auf Wirtschaftskennzahlen bei sowas zu achten, sondern es müssen auch soziale und andere Strukturen darum betrachtet werden. Und wenn auf absehbare Zeit der Preis wieder billiger wird, und es zusätzlich noch Anreize für die Firmen gibt, warum also nicht?
Danke an deiner Beteiligung an der Diskussion!
Dein einleitenden Statement ist glaube ich auch meine größte Frage, die weiter unten mit einem anderen User bei mir auch schon für Verwirrung gesorgt hat. Was genau nun diese Transformationsunternehmen sind, ist eine wichtige zu klärende Frage. Diejenigen, die Transformation ermöglichen, oder diejenigen, die transformiert werden müssen? Der Scope wäre jeweils ja ein völlig anderer und hinsichtlich der Wirksamkeit der Hilfe für die Industrie unterschiedlich zu bewerten.
Sehr gerne, ich finde es mangelt hier manchmal sehr oft an tieferen Diskussionen. Und ich kann die Schwierigkeiten darum verstehen, weil auch alle Medien dabei versagen, die entsprechenden Quellen mal zu verlinken. Bei dem SPD-Vorschlag habe ich nicht mal einen gefunden. Soweit ich es verstanden habe gibt es jetzt folgende Positionen:
Edit: falscher Steuertopf genannt.
Ach das BMWK-Papier kannte ich gar nicht. Das hilft mir tatsächlich etwas bei der Einordnung. Das Papier finde ich persönlich nachvollziehbar. Vielleicht ist es dann der SPD-Vorstoß, der hier irritiert. Interessant finde ich auch den letzten Punkt der Finanzierung aus der CO2-Steuer vor dem Hintergrund, dass sich der Finanzminister kategorisch gegen die Maßnahme ausspricht - ich mutmaße, dass das aus ideologischen Gründen passiert.
Außerdem muss ich sagen dass ich diese Diskussion, wie auch viele andere Diskussionen im Fediverse, als sehr fruchtbar erachte, wenn ich den Zustand der Diskussionskultur in der Gesellschaft heute im Allgemeinen und im Internet im Besonderen bedenke. Begegnet mir im Alltag jetzt nicht so häufig leider.
Aus lang vergangener Zeit erinnere ich mich an das Versprechen, die CO2 Steuer gleichmäßig an die Bevölkerung zu verteilen.
Aber stattdessen verschenkt man lieber Strom (5 ct sind geschenkt) an die Industrie. Ausgerechnet an die "energieintensive", also nicht etwa an die sparsamsten Betriebe. Und streitet um ein paar läppische Milliarden für das Deutschlandticket. Mannmannmann.
Edit: Wenn Oozlebamboozle richtig recherchiert hat (was ich nicht anzweifle), müsste das Geld aus der CO2-Steuer ja doch noch für das versprochene "Klimageld" in der Kasse sein. Ist nur verdächtig still in der Ecke.
Ja, my bad. Das Geld kommt nicht aus der CO2-Steuer, sondern aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfond, also übriggeblieben Coronahilfen.
Und die Erlöse aus der CO2-Steuer sollten als Ausschüttung an die Bevölkerung gehen. Bin zu 100 Prozent dafür! Warum das nicht kommt, darfst du dich bei Herrn Lindner bedanken. SPD und Grüne wollten es schon letztes Jahr einführen, statt die kappung der Strompreise für die Bevölkerung, aber die FDP war dagegen. Und momentan liegt es auch am Finanzministerium. Weil die wollten sich um die technische Umsetzung der Auszahlung an alle Bürger kümmern. Tja, stand jetzt wird es laut BMF nicht vor Anfang 2025.
Klar, kein Ding. Das ist auch was ich vorher meinte und ich den Medien gerade schwer zur Last lege. Die müssen eben informieren und verlinken, aber immer öfter muss man sich mittlerweile die Dinge mühsam selber im Internet zusammensuchen. Man kann das aber auch nicht immer machen (mache ich zugegeben auch nicht soo oft), bloß bei EE und co. interessiert es mich dann doch. Und ja, ich denke auch dass der Finanzminister das aus ideologischen Gründen ablehnt. Und ich muss mich oben korrigieren, das Geld soll nicht aus den Einnahmen der CO2-Steuer kommen, sondern aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfond. Das ist übrig gebliebenes Geld aus den Coronahilfen. Und da Lindner (meiner Meinung nach) als FM keine Hand drüber hat, sondern es lieber als Rückführung zur schwarzen Null möchte, ist er dagegen. Und ich hoffe, dass sich das Diskussionsniveau ebenfalls hält, oder erhöht. Leider ist es meistens doch wie Reddit, pauschalisierende Aussagen werden einfach mal schneller hochgewählt, als differenzierte oder mehrere Abschnitte lange Texte.