this post was submitted on 27 Mar 2024
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Äh, ich finde, Juden als Antisemiten zu diffamieren, weil sie das Völkerrecht in Israel/Palästina befolgt sehen wollen, ist absolut antisemitisch, was denn sonst?
Nichtjuden als Antisemiten zu diffamieren, weil sie das Völkerrecht in Palästina/Israel befolgt sehen wollen, ist nicht antisemitisch. Es ist eben eine Diffamierung, vielleicht eine islamophobe oder sonstwie rassistische Diffamierung, das hängt vom Einzelfall ab, aber auf jeden Fall eine Diffamierung, ein Rufmord.
In Deutschland leider so weit verbreitet und akzeptiert, dass den Opfern speziell dieses Rufmords damit der Zugang zum gesellschaftlichen Diskurs erfolgreich entzogen wird.
(Auch im hier vorliegenden Fall geht es ja darum, eine Veranstaltung (Palästina Konferenz) zu torpedieren, deren erklärtes Ziel es ist, dem palästinensischen —am Völkerrecht orientierten — Narrativ in dem Konflikt eine Plattform zu geben.)
Das schwächt den absolut nötigen Kampf gegen den wachsenden Antisemitismus, da es einen großen Teil der Verbündeten in diesem Kampf ausgrenzt und beleidigt.
Es fördert sogar den Hass auf Juden. Denn wenn in der Öffentlichkeit nur Juden zu Wort kommen, die unhinterfragt die israelische/zionistische Propaganda weiterverbreiten, dann haben die Opfer der israelischen Politik und ihre Verbündeten kaum eine Chance, von der Existenz jüdischer Verbündeter auch nur zu erfahren.
Umso leichter ist es für diese Menschen, die völkerrechtswidrige Unterdrückung der Palästinenser in Palästina/Israel als ein gemeinsames Projekt aller Juden (miss) zu verstehen.
Das meine ich mit Motte-and-Bailey. Natürlich ist es richtig die Völkerrechtsbrüche Israels kacke zu finden. Aber darum geht es ja nicht. Es geht konkret bei der jüdischen Stimme konkret darum, dass sie extrem über die Stränge schlagen. Zusammenarbeit mit Organisationen, die das Existenzrecht Israels ablehnen. Holocaustrelativierung. Hier eine ganze Broschüre zu dem Thema: https://iibsa.org/de/neuerscheinung-zur-juedischen-stimme-fuer-gerechten-frieden/
Die Debatte läuft fast immer gleich ab: Antizionist:innen hauen extrem problematische Statements raus, und sagen dann sowas wie "Aber wir kritisieren ja nur die Völkerrechtsbrüche Israels". Motte-and-Bailey. Nur eben ist es überhaupt nicht das, was konkret kritisiert wird.
Ist ja auch nicht falsch. Deswegen ist es ja auch umso wichtiger, dass man eben in der Palästinasolidarität darauf achtet, nicht auf antisemitische Narrative zurückzugreifen.
Ich verlinke nochmal ein Podcast von Jung&Naiv, was ich wirklich hervorragend fand: https://www.youtube.com/watch?v=FjYxIkjGvQE Ein Gespräch eines Israelis und einer Palästinenserin, die viel scharfe Kritik an Israels Politik üben ohne dabei in irgendeine Richtung über die Stränge zu schlagen. Ein anderes hervorragendes Beispiel finde ich "unapologetic - a third narrative", ein Podcast von israelischen Palästinenser*innen, die sich in keine de beiden Lager positionieren wollen, ohne aber dabei an Deutlichkeit zu verlieren. Genau das sind die Stimmen, die mehr gehört werden sollten.
Die iibsa ist bei mir in der Schublade "Zionistische Propagandaorganisation" gelandet, nachdem ich vor einigen Wochen Wochen schon mal darauf gestoßen wurde und mich auf deren Homepage ein wenig umgesehen hatte.
Das ganze Unternehmen hat in meiner Wahrnehmung den einzigen Zweck, den Freiheitskampf der Palästinenser gegen ihre Besatzer und Unterdrücker als antisemitisch zu diffamieren.
Das läuft dann regelmäßig darauf hinaus, dass Menschen und Organisationen (ob jüdisch oder nicht) wegen Unterstützung der BDS-Bewegung oder weil sie die israelische Apartheid Apartheid nennen zu Antisemiten erklärt werden.
Derartige Verleumdungen bewirken schnell mal einen katastrophalen Reputationsverlust, der durchaus im Verlust von Karriere und Einkommen enden kann, ganz besonders in Deutschland.
De Völkerrechtsbrüche Israels soll man also kacke finden, sagst du. Darf ich sie auch Verbrechen nennen? Darf ich das Vorgehen in Gaza für einen Völkermord halten? Darf ich laut fragen, wie man Israel davon abhalten könnte, diese Völkerrechtsbrüche/Verbrechen einzustellen? Darf ich öffentlich zu dem Schluss kommen, dass eingedenk der Machtverhältnisse in Israel, nur Druck von außen eine Änderung der israelischen Politik bewirken könnte? Darf ich auch zu dem Schluss kommen, dass nur Boykotte, Investitionsentzug und Sanktionen in der Lage wären, den dafür notwendigen Druck aufzubauen? Darf ich für diese Position werben?
Wann schlage ich deiner Meinung nach über die Stränge? Und rechtfertigt ein eventuelles über die Stränge schlagen, mich in Ausübung meiner demokratischen Grundrechte zu behindern?
Zum Beispiel indem die staatseigene Bank meines Vereins ohne Vorankündigung und ohne die Möglichkeit einer Rücksprache mein Konto sperrt, verbunden mit der Forderung, ihr meine Satzung, mein Selbstverständnis, den Bescheid des Finanzamts bezüglich Gemeinnützigkeit und last not least eine Liste aller Mitglieder einschließlich Adressen zukommen zu lassen.
https://www.juedische-stimme.de/berliner-sparkasse-sperrt-konto-der-j%C3%BCdischen-stimme
Bei der Jüdischen Stimme Stimme jedenfalls habe ich keinen Hinweis auf irgendetwas gefunden, das ich als Antisemitismus identifizieren würde. Sie lehnen die Politik Israels sehr kategorisch ab, soviel kann man sagen.
Ansonsten, finde ich, transportiert dieser Artikel ganz gut, wie die Leute da so drauf sind: https://www.juedische-stimme.de/warum-ich-das-wort-%22antisemitismus%22-boykottiere---artikel-von-jason-oberman