this post was submitted on 24 Jul 2024
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Mein erster Gedanke war warum holen sie den Schulabschluss nicht nach? Ich hab mit nem Hauptschulabschluss ja auch an die Uni geschafft und dort das Informatik Studium abgeschlossen.
Aber dann denke ich dass es bei mir nur daran lag dass ich zu spät nach Deutschland migriert bin und mit 11 in Deutschland der Weg ans Gymnasium schon nicht mehr zugänglich war, aber ansonsten hatte ich alle Voraussetzungen Intellektuell und auch von der Familie her die mich unterstützen konnte.
Ich frag mich ob es Ursachenforschung gibt warum so viele keinen Hauptschulabschluss hinbekommen, auch nicht später im Leben.
Ich kann mir vorstellen dass es einige gibt wo die Familiensituation das nicht hergibt, ich kenne welche die Nach der Schule auf dem Bauernhof Traktor fahren mussten um im Familienbetrieb mitzuhelfen, die hatten natürlich keine Zeit für Hausaufgaben und lernen.
Weil es unglaublich schwer ist neben der Arbeit noch einen Schulabschluss zu machen. Und wenn du gering bezahlter Arbeit nachgehen musst, weil du keinen Abschluss hast, dann ist es noch schwerer.
Mit Unterstützung der Familie ist das durchaus möglich, aber wer entsprechende Unterstützung aus der Familie erhält schafft den Schulabschluss meistens schon beim ersten Anlauf - in der normalen Schullaufbahn. Auf dem "keinen Schulabschluss"-Ast landen meist Menschen die eben keine Unterstützung erhalten haben.
Ich kann jetzt nicht sagen wie repräsentativ das Ganze ist, aber das hier
dürfte zumindest ein Teilgrund sein.
Ich habe vor einigen Jahren ein Praktikum an einer Haupt-/Realschule gemacht. Die Realschüler waren soweit den mir damals bekannten Gymnasiasten von den allgemeinen Umständen her nicht groß unähnlich.
Schaute man aber auf die Hauptschüler gab es einen riesigen Bruch. Den Eltern war ziemlich durchgängig komplett egal ob ihre Kinder zur Schule gingen, was da in Arbeiten raus kam, ob überhaupt Arbeiten geschrieben wurden, etc... Die Kinder kannten teilweise nicht mal sowas wie einen geregelten Alltag. Bildung war für einen Großteil dieser Eltern einfach nur komplett unwichtig (warum? Keine Ahnung). Vereinzelte Schüler haben schon versucht sich zu bemühen, wurden aber von ihren eigenen Eltern und Mitschülern boykottiert. Die Lehrer haben teilweise (! nicht durchgängig, Unterricht fand schon auch normal statt soweit möglich) den Unterrichtsinhalt sein lassen, um mit den Schülern über konkretere Probleme zu diskutieren, z.B. wie man Konflikte lösen kann ohne sich gleich die Gesichter einzuprügeln, oder auch um den Schülern mal einen kurzen Zeitraum zu geben, in denen sie mal über ihre Probleme sprechen konnten, ohne direkt nicht ernst genommen zu werden.
Die Hauptschüler von dieser Schule haben mir einfach nur gesammelt richtig leid getan. =/
So einen habe ich später an der Uni mal kennen gelernt. Der hat es tatsächlich nach dem Hauptschulabschluss noch geschafft Abi zu machen und dann direkt ins Studium zu kommen. Riesen Respekt an ihn.
Ist aber ungeachtet eine super Sache. Ich hätte das auch gern mal gehabt, aber nein, ich musste ja Emilia Galotti lesen und das hat uns bekanntlich alle miteinander sehr weit gebracht.
Ja, das auf jeden Fall! Bei den Hauptschülern dort war das halt leider besonders wichtig, weil die sowas außerhalb der Schule niemals gelernt/erlebt hätten. Die Lehrer an der Schule damals waren aber soweit ich das beurteilen kann auch super und vor allem standen die relativ geschlossen zusammen. An einem Gymnasium hab ich im Gegensatz dazu ein so zerstrittenes und sich gegenseitig in den Rücken fallendes Kollegium gesehen, das war echt abartig.
Ich weiß nicht wie die Schule aus meinem Praktikum damals heute so ist, aber ich hoffe die hat sich so gehalten. Von dem wie damals dort mit den Schülern umgegangen wurde kann auf jeden Fall viel gelernt werden.
Oh der Typ im Artikel hat den gleichen Migrationshintergrund wie ich, mit 11 aus dem Osten ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland gezogen.
Ich denke, es wird einfach sehr oft der Fokus auf die Schule und das System gelegt (die definitiv nicht unschuldig sind bzw. auch positiv wirken können), obwohl der Hauptfaktor eigentlich immer das Elternhaus ist. Familien, die wollen, dass die Kinder in der Schule erfolgreich sind, ermöglichen das in der Regel auch.
Es wäre in Fällen wie deinem natürlich irgendwie fairer und sinnvoller, wenn es Aufnahmetests fürs Gymnasium gäbe, sodass man dort auch zwischendurch noch anfangen kann. Meist wird der Wechsel ja nur in die Oberstufe angeboten, was tatsächlich etwas spät ist. Aber nichtsdestoweniger möglich, wir hatten auch einen ehemaligen Hauptschüler in der Oberstufe.
Wenn es den Eltern aber egal ist, wie der Sprössling in der Schule abschneidet, kann das aber meistens nichts werden. Oder noch schlimmer, wenn sie Bildung gar für etwas schlechtes halten.